Eurothalia

20–30.09.2023 - Wir sehen uns im Herbst!

Blog

Flucht durch Technologie

Chronik von Clara Angela Roman

Der vom japanischen Professor Masahiro Mori geprägte Begriff „Uncanny Valley“ bezieht sich auf die seltsamen Empfindungen, die im Menschen verursacht werden, wenn er sich in der Nähe eines Roboters befindet, der nicht vollständig einem Menschen ähnelt. Genau diese Gefühle erforschen Stefan Kaegi und Thomas Melle in ihrer Vorstellung. Der Roboter Thomas, eine einfache Maschine, der nicht über künstlicher Intelligenz verfügt, erzählt vom Kampf des Schriftstellers (des echten Thomas Melle) mit der Bipolarität und von seinem Buch, das diesen Kampf aufzeigt. Thomas glaubt, dass er eine Rettung braucht, etwas, das ihn von der Last der sozialen Verantwortung befreit und ihn gleichzeitig näher zu sich selbst bringt: „Ich möchte mich nicht mehr so entlarven, nicht mehr als echte Person“. 

Es gibt Diskussionen über menschliche Zufälligkeit, psychische Dysfunktion und wir werden gefragt: Was macht uns menschlich? Vielleicht unsere Gefühle oder die Tatsache, dass wir unberechenbar sind. Was unterscheidet uns von einer Maschine? Vielleicht der Körper und die Wahrnehmung der Welt durch physiologische Sinne. Durch den Roboter Thomas erkennen wir die Perspektive seines Modells: dass (oft) Menschen mit psychischen Problemen als Maschinen wahrgenommen werden, dass er selbst dazu neigt, im Alltag mechanisiert oder roboterhaft zu werden, und dass der Zufall die Essenz unseres Menschseins ist. Durch den Prozess der Erstellung einer Kopie von sich selbst erlitt der Charakter „einen metaphysischen Tod“, der den Weg für seine lang ersehnte Freilassung ebnete. 

Wir sehen in unserem täglichen Leben, wie Technologie eine Loslösung von der Realität bewirkt: Wir benutzen das Telefon übermäßig, wenn wir gestresst sind, wir schauen uns eine Serie oder einen Film an, um uns zu entspannen, wir schieben die Lösung von Aufgaben, vor denen wir Angst haben oder für die wir keine Verfügbarkeit haben, auf die lange Bank. Die Schaffung eines Roboters ist nur ein weiterer (fortgeschrittener) Weg des Eskapismus durch Technologie, den wir alle bis zu einem gewissen Grad praktizieren, ob wir dies nun akzeptieren wollen oder nicht. 

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„Ph[r]ases“- Kreative Formeln ist ein von Diana Katharina und Daniela Șilindean gemeinsam mit dem Team des Deutschen Staatstheaters Temeswar konzipiertes Programm, das der Theaterchronik im Rahmen des Europäischen Theaterfestivals Eurothalia 2023 gewidmet ist, das vom 20. bis 30. September 2023 stattgefunden hat und durch das Nationale Kulturprogramm Temeswar - Kulturhauptstadt Europas 2023 gefördert wurde.